Auszug aus dem x-core meme stream:
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Er bog in einen alten Flusslauf ein und zog die Sandalen aus. Einige
dicke Stromkabel verliefen in der Mitte des Wegs. Er war bemueht, sie
nicht zu beruehren. Einige Ameisen waren ploetzlich gross, dann nicht
mehr sichtbar. Der Waldboden fuehlte sich verdammt gut an unter den
nackten Fuessen. Der Chai-Tee wollte wieder nach draussen, in den
Waldboden. Er blickte sich verstohlen um. Da oben ein Wohnwagen. Egal.
Ein unglaubliches Gluecksgefuehl durchrieselte ihn, waehrend der
Austausch der Elemente stattfand.
Am Ende des Pfades, endlich auch das Ende der Kabel. Eine Anhoehe,
ringsum der wunderschoene Schweizer Wald, alles in Bewegung, der Wind
unmittelbarster Ausdruck der gruenen Lebens. In wenigen Sekunden
verschmilzt er mit der Umgebung. Er steht da wie ein Baum. Er atmet aus,
der Wald atmet ein. Der Wald atmet ein, er atmet aus. Er atmet ein, der
Wald atmet aus. Der Wald und er und die Liebe.
Er blickt nach unten. Ein Schreck durchfaehrt ihn: seine Fuesse, seltsam
verformt! Wie in einem Monsterfilm. Er denkt: das kann nicht sein. Und
doch. Das Bild steht voellig stabil und ruhig vor seinen Augen. Da sieht
er: er ist zum Baum geworden. Dick geschwollen stehen die Adern und
Muskeln hervor wie Wurzeln und Knoten aus Holz. Es stimmt. Er hat
intuitiv einen Platz der Kraft gefunden, und das was er sieht ist das
schoenste Zeugnis davon. Er schlaegt Wurzeln, so schnell wie kein
anderer Baum zuvor.
Dann richtet er den Blick zurueck auf den Wald. Unglaubliche Schoenheit,
so weit das Auge reicht. Eine Luft wie Medizin fuer den zertrahlten
Stadtmenschen. Eine Ruhe, die sanft von Trance-Musik unterstrichen wird.
Wald und Wind.
Blick nach unten: die Fuesse immer noch Wurzeln. Er verspuert grosse
Freude: es ist schoen, ein Baum zu sein! Er moechte da stehen bleiben,
hundert Jahre lang!
Er entdeckt ein Kaugummi mit angepappten Steinchen und Hoelzchen an
einer Schuhsole. Bestimmt sein eigenes. Vorsichtig beginnt er, das
Kaugummi zu loesen und bemerkt bald, dass dies einer Sysiphus-Arbeit
gleicht. Der Gummi ist das Nichts: er versoehnt sich nicht mit den
anderen Teilchen, sondern schluckt sie und macht alles zu einem zaehen
Brei! Darauf bedacht, nichts von diesem Ekelding auf den kostbaren
Waldboden fallen zu lassen, zieht er sein kleines Muellbeutelchen aus
Plastik heraus und beginnt, die Gummi-Stuecke dort rein zu popeln. Er
entdeckt winzige Dinosaurierknochen im Kaugummi. Kleine Totenschaedel.
In der Vergrosserung eine gigantische Ausgrabungsstaette. Er wird nie
fertig werden. Er pausiert. Blick auf den Wald. Atmen. Nach all dem
Rauch! Es geht besser und besser. Die Zeit klappt auf und schluckt ihn.
Spuckt ihn wieder aus und laesst ihn an seinem Gummi arbeiten. Dann
wieder zum Baum werden.
Das naechste Mal wird er dort bleiben, bis eine Rinde ihn schuetzt vor
den Blicken der Menschen...
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Gesendet: 19. Dezember 1998